15.01.2016 Arbeitspapiere

Auswirkungen des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) auf die Kapitalflussrechnung nach DRS 21 – Eine kritische Analyse unter besonderer Berücksichtigung des E-DRÄS 6


1. Einleitung


Mit dem am 17. Juli 2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) wird eine von der Bilanzrichtlinie geforderte EU-weite Harmonierung der Rechnungslegung umgesetzt. Damit verbunden sind wesentliche Änderungen in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Zu nennen sind insbesondere die Abgrenzung der Umsatzerlöse sowie die Abschaffung des separaten Ausweises der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge. In der Folge ist auch die Kapitalflussrechnung nach DRS 21 anzupassen, damit die einzelnen Positionen der Zahlungsflüsse in der Kapitalflussrechnung analog zu den Ergebnispositionen in der Gewinn- und Verlustrechnung abgegrenzt werden. Dem Ziel der Änderungen des BilRUG entsprechend, sollten die Anpassungen in der Kapitalflussrechnung so vorgenommen werden, dass zudem eine internationale Vergleichbarkeit gewährleistet wird. Insofern ist eine Orientierung an die Kapitalflussrechnung nach IAS 7 angebracht. Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC) hat in ihrem Entwurf eines Deutschen Rechnungslegungs Änderungsstandard Nr. 6 (E-DRÄS 6) Vorschläge zur Anpassung des DRS 21 an die Erfordernisse des BilRUG formuliert. In dem folgenden Artikel sollen die Auswirkungen des BilRUG auf die Kapitalflussrechnung nach DRS 21 sowie die Reaktion des DRSC aufgezeigt und gewürdigt werden.


2. Änderungen des BilRUG in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung


2.1. Abgrenzung der Umsatzerlöse


§ 277 Absatz 1 HGB i. d. F. des BilRUG definiert die Umsatzerlöse wie folgt: „Als Umsatz-erlöse sind die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen.“

Im Gegensatz zur bisherigen Definition werden die Umsatzerlöse nicht mehr auf Erzeugnisse, Waren und Dienstleistungen, die für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typisch sind, begrenzt. Unabhängig davon, ob die Produkte, die verkauft, vermietet oder verpachtet werden, oder die Dienstleistungen, die erbracht wurden, unter den Geschäftszweck der Kapitalgesellschaft zu subsumieren sind, werden bei der Transaktion Umsatzerlöse ausgewiesen. Damit werden in Zukunft beispielsweise auch folgende Geschäfte als Umsatzerlöse klassifiziert:

 

  • Verkauf von Speisen und Getränken in der unternehmenseigenen Kantine,
  • Verkauf von Abfallprodukten,
  • Vermietung und Verpachtung von Mobilien oder Immobilien,
  • Lizenzeinnahmen.

Derartige Transaktionen wurden bislang in der Regel als sonstige betriebliche Erträge ausgewiesen, sofern sie nicht typisch für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft waren. Keine Veränderungen wird es hingegen bei den Erlösen aus dem Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens geben, da diese keine Produkte i. S. d. § 277 Abs. 1 HGB n. F. darstellen.

Die Neuregelung führt nicht nur zu einer weiteren Harmonisierung der Rechnungslegung in der EU, sondern auch zu einer wesentlichen Annährung zu den IFRS. Nach IFRS 15 liegen Umsatzerlöse (Erlöse mit Kunden) vor, wenn sie aus der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens resultieren. Die bisher im HGB vorgenommene Begrenzung auf typische Produkte und Dienstleistungen sieht IFRS 15 nicht vor.

Eine weitere Veränderung bei der Abgrenzung der Umsatzerlöse erfolgt bei den Verbrauch-steuern und Monopolabgaben. Diese sind nunmehr bei der Ermittlung der Umsatzerlöse als direkt mit dem Umsatz verbundene Steuern abzuziehen.


2.2. Abschaffung der außerordentlichen Erträge und Aufwendungen


Die außerordentlichen Aufwendungen und Erträge in den Gliederungsschemata des § 275 Abs. 2 und 3 HGB und die dazugehörige Erläuterungspflicht nach § 277 Abs. 4 Satz 2 HGB werden mit dem BilRUG gestrichen. Stattdessen sind gem. § 285 Nr. 31 HGB n. F. (Einzelabschluss) bzw. gem. § 314 Abs. 1 Nr. 23 HGB n. F. (Konzernabschluss) „jeweils der Betrag und die Art der einzelnen Erträge und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung sowie eine Erläuterung, soweit die Beträge nicht von un-tergeordneter Bedeutung sind“, in den Anhang aufzunehmen. Mit der Abschaffung des Aus-weises von außerordentlichen Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgt eine we-sentliche Annäherung an die IFRS-Rechnungslegung. Nach IAS 1.87 ist jedoch die Darstellung von außerordentlichen Posten nicht nur in der Gesamtergebnisrechnung und der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch im Anhang untersagt.


3. Auswirkungen auf die Kapitalflussrechnung nach DRS 21


3.1. Abgrenzung der Umsatzerlöse


Die neue Abgrenzung der Umsatzerlöse in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung ist bei der direkten Ermittlung der Cashflows aus der laufenden Geschäftstätigkeit zu berücksichtigen. Bei den „Einzahlungen von Kunden für den Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen“ kommt es mithin nicht mehr darauf an, ob die verkauften Produkte und Dienstleistungen für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typisch sind. Insofern werden nach der neuen Regelung einige Sachverhalte von der Position „Sonstige Einzahlungen, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind“ in die Position „Einzahlungen von Kunden für den Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen“ umgegliedert.

Der direkte Abzug von Verbrauchsteuern und Monopolabgaben bei der Ermittlung der Umsatzerlöse nach § 277 Abs. 1 HGB n. F. könnte auch in die direkte Ermittlung des Cashflows aus der laufenden Geschäftstätigkeit nach DRS 21 übernommen werden. Von den Einzahlungen von Kunden für den Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen würden dann die damit in Verbindung stehenden direkten Steuern abgezogen werden. Dafür wäre eine Durchbrechung des Saldierungsverbots nach DRS 21.26 notwendig. E-DRÄS 6 sieht jedoch keine Änderung des DRS 21 in diesem Sinne vor. Somit sind direkte Steuern nach DRS 21 auch in Zukunft unter der Position „Sonstige Auszahlungen, die nicht der Investitions- und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind“ zu subsummieren. Nur wenn sie vom Betrag her wesentlich sind, können sie nach DRS 21.27 in einer separaten Position in der Kapitalflussrechnung aufgenommen werden. Bei Unternehmen, die Güter produzieren oder importieren, die mit Verbrauchsteuern belegt sind, kann somit eine Position „Auszahlungen für Verbrauchsteuern“ direkt nach den Kundeneinzahlungen gebildet werden, soweit der Betrag wesentlich ist.


3.2. Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten


Die Abschaffung des außerordentlichen Ergebnisses in der Gewinn- und Verlustrechnung hat ebenfalls Auswirkungen auf die Kapitalflussrechnung nach DRS 21. Konsequent wäre eine analoge Streichung der Positionen bzgl. Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten in den einzelnen Tätigkeitsbereichen der Kapitalflussrechnung. Dies würde auch eine Vergleichbarkeit zum Statement of Cash Flows gem. IAS 7 herstellen, da der Ausweis von au-ßerordentlichen Posten nach IAS 1.87 nicht erlaubt ist. Durch eine Erläuterung im Anhang über jeweils den Betrag und die Art der Ein- und Auszahlungen von außergewöhnlicher Grö-ßenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung sowie eine Erläuterung, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind, analog zu § 285 Nr. 31 HGB n. F. bzw. gem. § 314 Abs. 1 Nr. 23 HGB n. F. würden die entsprechenden Informationen über außerordentli-che Sachverhalte nicht verloren gehen.

Das DRSC hat sich indes mit dem Entwurf des E-DRÄS 6 für eine andere Vorgehensweise entschieden: Ein- und Auszahlungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung werden weiterhin als separate Posten in den einzelnen Tätigkeitsbereichen der Kapitalflussrechnung ausgewiesen. Eine Anhangangabe über außerordentliche Posten in der Kapitalflussrechnung ist nach Einschätzung des DRSC nicht notwendig. Es begründet den separaten Ausweis der außerordentlichen Positionen mit einer besseren Übersichtlichkeit und Klarheit der Kapitalflussrechnung. Die lediglich in der Wortwahl angepassten Gliederungsschemata der Kapitalflussrechnung nach DRS 21 in der Fassung des E-DRÄS 6 sind den Abbildungen 1 und 2 zu entnehmen.


4. Kritische Würdigung der Änderungen durch E-DRÄS 6


4.1. Abgrenzung der Umsatzerlöse


Bei der Abgrenzung der Umsatzerlöse gibt es in Zukunft in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung und in der Kapitalflussrechnung eine divergierende Behandlung von direkten Steuern. Während die Umsatzerlöse in der Gewinn- und Verlustrechnung nach Abzug von direkten Steuern auszuweisen sind, ist aufgrund des Saldierungsverbots nach DRS 21.26 ein entsprechender Ausweis der Einzahlungen von Kunden unter Abzug der direkten Steuern nicht möglich. Da wesentliche Beträge nach DRS 21.27 in einer separaten Position ausgewiesen werden können, kann mit einer entsprechenden Position in der Kapitalflussrechnung die Vergleichbarkeit zwischen Gewinn- und Verlustrechnung und Kapitalflussrechnung wieder hergestellt werden. Dennoch wäre hier eine konkrete Regelung wünschenswert gewesen, um dem bilanzierenden Unternehmen keine Ermessensspielräume beim Ausweis der direkten Steuern in der Kapitalflussrechnung zu eröffnen.


4.2. Ein- und Auszahlungen aus außerordentlichen Posten


Vom Grundsatz her ändert E-DRÄS 6 die Abbildung von Sachverhalten von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung nicht. Es bleibt bei einem gesonderten Ausweis der entsprechenden Positionen in der Kapitalflussrechnung bei gleichzeitiger Streichung von Anhangangaben. Diese Vorgehensweise des E-DRÄS 6 ist in mehrfacher Hinsicht zu kritisieren:

  • Der separate Ausweis von Ein- und Auszahlungen von außergewöhnlicher Größen-ordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung in der Kapitalflussrechnung widerspricht dem Bestreben des Gesetzgebers zur Harmonisierung der Rechnungslegung in der EU. Es ist nicht nachvollziehbar, dass in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung ein separater Ausweis eines außerordentlichen Ergebnisses gesetzlich verboten wird, in der Kapitalflussrechnung jedoch vom deutschen Standardsetzer eingefordert wird. Es ist anzunehmen, dass die Kapitalflussrechnung nach DRS 21 künftig bezogen auf die außerordentlichen Posten nicht mit Kapitalflussrechnungen anderer europäischer Standardsetzer vergleichbar ist. Durch die fehlenden Anhangangaben ist es auch nicht möglich, festzustellen, unter welcher Position der Kapitalflussrechnung die außerordentlichen Ein- und Auszahlungen ausgewiesen worden wären, wenn sie nicht als außerordentlich eingestuft worden wären.
  • Das bilanzierende Unternehmen hat bei der Einschätzung, ob ein Sachverhalt von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung ist, einen Ermessensspielraum. Durch die Einstufung eines Sachverhalts als außergewöhnlich besteht die Möglichkeit, einzelne Positionen in der Kapitalflussrechnung der Höhe nach zu beeinflussen und damit die Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen, die eben-falls eine Kapitalflussrechnung nach DRS 21 aufstellen, zu beeinträchtigen. Die fehlende Anhangangabe verhindert zudem die Wiederherstellung einer Vergleichbarkeit.
  • Der separate Ausweis von außerordentlichen Posten ist bei einer Kapitalflussrechnung nach IAS 7 nicht erlaubt. Somit ist auch hier die Vergleichbarkeit nicht gegeben und kann aufgrund der fehlenden Anhangangaben nicht hergestellt werden.
  • Eine Zuordnung von einzelnen Positionen der Kapitalflussrechnung nach DRS 21 zu einzelnen Positionen der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung ist nicht möglich, da die entsprechenden Aufwendungen und Erträge von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung in unterschiedlichen Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzt werden.

Diese Kritikpunkte würden sich nicht ergeben, wenn die Kapitalflussrechnung nach DRS 21 analog zur handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung i. d. F. des BilRUG ein Ausweisverbot für Ein- und Auszahlungen im Zusammenhang mit Erträgen und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung vorsehen würde und jeweils der Betrag und die Art der einzelnen Ein- und Auszahlungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung sowie eine Erläuterung, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind, in den Anhang aufgenommen werden müssten. Es ist auch nicht nachvollziehbar, was das DRSC in der Begründung des E-DRÄS 6 mit der Erzielung einer besseren Übersichtlichkeit und Klarheit der Kapitalflussrechnung meint. Eine Erläuterung hierzu liefert das DRSC nicht.


5. Zusammenfassung


Mit den Änderungen des BilRUG in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung sind auch Folgeänderungen in der Kapitalflussrechnung betroffen. Dies betrifft zum einen die Abgrenzung der Umsatzerlöse, zum anderen die Abschaffung des außerordentlichen Ergebnisses. Die Reaktion des DRSC in Form des E-DRÄS 6 weist jedoch wesentliche Schwächen auf. Anstatt die Änderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung analog in der Kapitalflussrechnung zu implementieren, wählt das DRSC den Weg, die bisherige Vorgehensweise beizubehalten. Dies betrifft sowohl den Ausweis von sonstigen, direkt mit den Umsatzerlösen verbundenen Steuern, als auch den Ausweis von Ein- und Auszahlungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung. Das DRSC missachtet damit die mit der EU-Bilanzrichtlinie und des daraus resultierenden BilRUG verbundene Zielsetzung einer EU-weiten Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Eine weitere Annäherung an die Kapitalflussrechnung nach IAS 7 wird ebenfalls verhindert.