Er hielt einen Vortrag mit dem Thema "Wohin mit dem Atommüll? Rückblick und Ausblick" und diskutierte anschließend mit den Teilnehmern. Hier ist eine kurze berichtende Nachbetrachtung des Gastgebers Reinhard Ueberhorst.
Nach einem Vortrag, der in der durch ihn inspirierten Diskussion von allen lobend kommentiert wurde (nur der Referent meinte am Tag danach übertrieben streng selbstkritisch, er hätte „keinen allzu guten Tag gehabt“), ist es ein Vergnügen, über diese Veranstaltung zu berichten und zu reflektieren, was sie uns vermittelt hat. Das Forum war informativ und anregend. Jedenfalls für diejenigen, denen die Qualität unserer Atommüllpolitik ein Anliegen ist und dafür arbeiten wollen.
Ich werde nicht alles ansprechen können, was berichtenswert wäre. Mit der Fülle der vorgetragenen und diskutierten Gedanken ist das unmöglich. Ich muss auswählen und will mich darauf konzentrieren, welche Einsichten dieses Forum zur Atommüllproblematik zu den Fragen gezeitigt hat, um die es uns mit der Reihe dieser öffentlichen Hochschulveranstaltungen im Studium generale der NORDAKADEMIE geht.
Aus guten Gründen geht es uns auf diesen Foren immer wieder und in vielen thematischen Kontexten wie jetzt zum Atommüllthema um Fragen, die nur mithilfe wissenschaftlicher Arbeiten erkannt, durch Wissenschaftler aber nicht entschieden werden können. Für sie hat der US-amerikanische Physiker und Wissenschaftsdenker 1972 den Begriff „transwissenschaftliche Fragen“ vorgeschlagen.[1] Solche Fragen prägen große politische Herausforderungen unserer Zeit, werden aber nicht immer als solche erkannt und gut adressiert. Im Verständnis „transwissenschaftlicher Fragen“ und im Umgang mit ihnen, so die Forums-Philosophie, muss sich unsere Demokratie bewähren. Jedes Forum und so auch dieses ist ein Versuch, zum Verständnis dieser Herausforderung beizutragen und damit auf Lernprozesse für eine bessere politische Praxis in unserer Gesellschaft hinzuwirken. In aller Bescheidenheit immer orientiert am Bologna-Bildungsziel, durch die Hochschularbeit Fähigkeiten zu fördern, sich in demokratische Prozesse einbringen zu können (democratic citizenship).
Hilfreich dafür ist eine gute Mischung der Teilnehmenden des Forums. Die hatten wir auch diesmal. Mehrheitlich dabei waren über ihr Fachstudium hinausdenkende Studierende und Alumni, ferner u.a.: Holger Petersen, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeitsmanagement und Nachhaltigkeitsbeauftragter der NORDAKADEMIE, diverse Bürgerinnen und Bürger aus der Region und auch aus der Ferne, darunter drei frühere und ein jetzt frisch gewählter Bundestagsabgeordneter, die alle vier als frühere Bundes- oder Landesminister auch Erfahrungen aus der exekutiven Arbeit und mit politikberatenden Wissenschaftlern einbrachten. So zum Beispiel der frühere Bundesminister Volker Hauff mit Wissenschaftlern, die seinerzeit wider besseres Wissen die Tauglichkeit der Schachtanlage Asse als nukleares Endlager behauptet hatten. Mit dabei auch eine mit dem Thema beruflich befasste Geologin aus der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die auch als interessierte Bürgerin an dieser ja bewusst öffentlichen Hochschulveranstaltung teilnehmen wollte.
Referent Marcos Buser, Geschäftsleiter des Instituts für nachhaltige Abfallwirtschaft (INA GmbH) in Zürich
Ohne dass es bei jedem Beitrag erneut explizit anzusprechen gewesen wäre, war unsere Diskussion erkennbar auch am dem orientiert, was in diesen Wochen im politischen Berlin zum Thema des Forums angestrebt und erreicht wird. Niemand wagte diesbezüglich eine Prognose. Auch nicht der mit dem nuklearen Entsorgungsthema lange befasste frühere niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel, der als neu gewählter Bundestagsabgeordneter an den aktuellen Verhandlungsrunden beteiligt ist.
Die Wochen nach einer Bundestagswahl sind für Politikerinnen und Politiker der beste Zeitraum, um zeigen zu können, dass man sich etwas Neues vornimmt. Neues zur Atommüllpolitik hat im Wahlkampf keine Partei angekündigt. Das muss in der Sache nichts bedeuten. Es könnte auch nur zeigen, dass sich keine Partei vorstellen konnte, ihre Wahlchancen im Wettbewerb mit anderen durch neue atommüllpolitische Einlassungen zu verbessern. In den nächsten Wochen werden wir erleben, ob es mehr zeigt, sprich, dass für eine neue Atommüllpolitik in den Parteien auch gar keine Ideen oder gar Konzepte vorliegen oder – und das wäre der worst case – gar kein Aufgabenbewusstsein. Mit den Einsichten, die auf unserem Forum vorgetragen und gewonnen wurden, sollten wir auch im politischen Berlin ein neues Aufgabenbewusstsein zur Atommüllpolitik erwarten können.
Ein neu entdecktes oder auch ein gefestigtes und nur um einzelne Aspekte bereichertes Aufgabenbewusstsein (letzteres bei denen, die sich schon länger mit der Materie beschäftigen), war wohl der wichtigste Ertrag dieses 55. Forums Politik und Wirtschaft. Der Zugang zur Entwicklung dieses Aufgabenbewusstseins erfolgte über die Grundfrage, ob die heute verfolgten Entsorgungsstrategien in einem geologischen Tiefenlager – Endlager oder geologische Tiefenlager mit Lagerdauer von bis zu einer Million Jahre – tatsächlich die beste Strategie/Option im Umgang mit der atomaren Hinterlassenschaft darstellt. Dies war die mit dem Referenten abgestimmte Leitfrage, der unsere Veranstaltung folgen sollte, im deutlichen Unterschied zu anderen, die sich an den Vorgaben des StandAG orientieren und für die jede Veranstaltung zu einer Aktivität im Zustimmungsmanagement für die heute verfolgte Entsorgungsstrategie wird.
- Wer dieser Leitfrage ausweicht oder zu ihr nur eine alternativlose StandAG-Antwort kennt, bleibt beim Weiter-so der bislang verfolgten Politik.
- Wer die Frage aber mit dem Wissen reflektiert, dass Marcos Buser in einem vorzüglichen Vortrag für uns aufbereitet hatte, kommt mit Buser zu der Einsicht, dass wir uns mit den heute verfolgten Entsorgungsstrategien auf einem Irrweg befinden, was auch die heutigen Zwischenlagerstrategien grundsätzlich in Frage stellt.
- Wer diese Einsicht gewinnt und das Gehörte in den Kontext der Atommüllpolitik stellt, wie wir sie erlebt haben und erleben, sollte dann reflektieren, wie wir uns Irrwege in der nuklearen Entsorgungspolitik erklären und was zu lernen und zu leisten ist, solche Irrwege vermeiden zu können. Damit sind Entwicklungsaufgaben im Verständnis richtig angelegter Rollen und Leistungsziele wissenschaftlicher und politischer Akteure zu adressieren.
- Darüber hat der international renommierte schweizer Geologe nicht explizit gesprochen. Sein Rückblick auf Fehlurteile und Fehler in konkreten nuklearen Entsorgungsprojekten war unausgesprochen aber immer auch ein Urteil über Denk- und Politikstile, über Grundverständnisse der Möglichkeit demokratischer Politik und richtige Leistungsziele wissenschaftlicher und politischer Akteure. In der Diskussion wurde dies mehrfach angesprochen. Es soll hier nachbetrachtend verstärkt herausgestellt werden. Es geht damit um ganz offensichtlich ungeklärte motivationale und methodische Fragen, um Fragen, wie wir demokratische gesellschaftliche Politikfähigkeit und die Gütekriterien für politische Praxis verstehen.
- Für den Umgang mit hochtoxischen nuklearen Abfällen aus der Atomenergienutzung stellen sich solche Fragen in hohem Maße, ohne dass sie weithin schon so verstanden würden. Wenn sie als Aufgabentyp nicht richtig verstanden werden, kann es methodisch, arbeitsprozessual nicht zu einem aufgabengerechten Umgang mit ihnen kommen. Das ist ein gewichtiger Fehler. Korrigiert werden kann er erst, wenn er bemerkt wird. Wo immer möglich nicht erst durch katastrophale Ereignisse, sondern durch frühere Lernprozesse.
Entscheidend für die Möglichkeit solcher Lernprozesse ist eine gute Urteilsfähigkeit, was als politische Aufgabe zu verstehen und wie ihre Bearbeitung anzulegen ist, wenn dies nur nach wissenschaftlichen Vorarbeiten und in anhaltender Kommunikation mit Wissenschaftlern zu leisten ist. Für alle Beteiligten, für politische wie wissenschaftliche Akteure stehen neue Leistungsziele im Raum, die verstanden, anerkannt und umgesetzt werden müssen.
Eine folgenreiche Blindheit für diese Herausforderung, ihre Verdrängung oder gar ihre bewusste Ablehnung begleiten die Atomenergienutzung und ihre Folgen in Deutschland seit der Frühzeit, beginnend mit der Verabschiedung des Atomgesetzes zur Förderung der Atomenergienutzung 1959.
Der Historiker Joachim Radkau hat diese Geschichte in seiner Habilitation bis 1975 untersucht und herausgefunden: „Die Kernenergie-Entwicklung pflegte in der Bundesrepublik bis weit in die 70er Jahre geflissentlich als Nicht-Politikum, als durch Sach-Rationalität bestimmtes Feld und als reine Angelegenheit der Experten präsentiert zu werden.“[2] Im Rückblick mögen wir einen solchen treffenden Befund als Kritik lesen, weil es uns nicht (mehr) richtig erscheint, technologische Entwicklungen mit einem apolitischen, vermeintlich nur sachrationalen, an Experten orientierten Vorgehen zu gestalten. Aber was heißt das positiv? Ein apolitisches, vermeintlich nur sachrationales, an Experten orientiertes Vorgehen ist ja nur kritisierbar, wenn es weithin anerkannte Gütekriterien in der Gestaltung technologischer Entwicklungen verletzt und man methodisch auch weiß, wie man diesen Gütekriterien in der konkreten Arbeit gerecht werden kann. Diese Voraussetzungen waren lange Zeit nicht gegeben. Wie weit sind wir diesbezüglich gekommen? Die kontroversen Antworten auf die Leitfrage dieses Forums zeigen uns, dass wir hier keinen Konsens erreicht haben. Der wäre aber anzustreben. Der aktuelle Streit über atommüllpolitische Alternativen wird zu wenig als notwendiger Verständigungsprozess über die Gütekriterien und Leistungsziele einer demokratischen Atommüllpolitik geführt. Der Vortrag und die Diskussion erhellten diese Aufgabe.
Das Gesetz zur Förderung der Atomenergie wurde 1959 beschlossen, ohne dass untersucht und geprüft worden wäre, ob man auf nukleare Stromerzeugungskapazitäten verzichten könnte. Mangels solcher Untersuchungen konnte auch gar keine aufgeklärte demokratische Willensbildung zu der Frage stattfinden, ob die Kernenergienutzung gewollt wäre. Alternative Zukünfte mit und ohne Kernenergie wurden in einer staatlichen Institution in Deutschland erstmals 1979/80 erarbeitet.[3]
Eine Bemühung um ein Verständnis von Alternativen und ihre gesellschaftliche Vermittlung für politische Willensbildungsprozesse sind von essentieller Bedeutung für demokratische gesellschaftliche Politikfähigkeit. Es ist klar, dass die Mitarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hierfür unabdingbar ist. Sie müssen deshalb motiviert sein, ihr Wissen in die bestmögliche Aufbereitung von politischen Alternativen einzubringen. Und Politikerinnen und Politiker müssen bestrebt sein, solche Prozesse herbeizuführen, um mit ihnen eine demokratische Willensbildung zu ermöglichen, so auch zur Atommüll-Politik.[4]
Als ich den eben zitierten Text schrieb, habe ich mir nicht vorstellen können, dass die gemäß StandAG gebildete Kommission darauf verzichten könnte, eine über atommüllpolitische Alternativen aufgeklärte gesellschaftliche Debatte anzustreben und als wichtige Vorleistung dafür eben diese Alternativen zu erarbeiten. Stattdessen haben die Politiker aus Bundestag und Bundesrat auf ein Stimmrecht in dieser Kommission und auch auf Initiativen verzichtet, den postulierten Prinzipien einer demokratischen Atommüllpolitik im Hinblick auf die Erarbeitung und öffentliche Vermittlung von Alternativen gerecht zu werden. Auf eine Erklärung für diesen Verzicht warten wir immer noch.
Nachdem erkennbar wurde, dass die Kommission sich in ihrer Wahrnehmung und Interpretation von Aufgaben nicht an diesen Prinzipien orientieren wollte, wäre der Bundestag theoretisch immer noch frei gewesen, den Empfehlungen der atommüllpolitischen Kommission für eine zeitlich priorisierte Standortsuche für ein tiefengeologisches Endlager nicht zu folgen. Das aber hat er nicht getan. Warum nicht? Diese Frage wird man in die auf dem Forum mehrfach angemahnte Aufarbeitung der Geschichte der Atommüllpolitik einbeziehen müssen.
Gelernt haben wir, dass ein sachkundiger schweizer Geologe im Oktober 2021 ein Konzept präsentieren kann, dessen gewichtige Argumente für eine längere, robuste Zwischenlagerung und für deutlich risikoärmere Endlager zwar lange bekannt sind, in Deutschland aber ebenso lange aus politischen Abwägungsprozessen herausgehalten wurden. Man kann also nicht einmal sagen, dass sie politisch abgelehnt worden wären. Der Vortrag des schweizer Geologen fordert uns heraus, diese Lücke in der Geschichte versäumter deutscher Abwägungsprozesse zum Umgang mit Atommüll zu reflektieren.
Eine vom Referenten selbst geschriebene längere Zusammenfassung seines Vortrags können Interessierte hier nachlesen.
In seinem Vortrag entwickelte und begründete Buser ein „duales Konzept“, das er im nächsten Jahr in einer umfangreichen Schrift niederlegen wird. Dass dieses Konzept, in der deutschen Atommüllpolitik vor den weitreichenden Entscheidungen zum StandAG gesellschaftlich, in Parteien oder parlamentarisch nie vergleichend diskutiert wurde, wurde für alle deutlich, ohne dass irgendjemand eine Idee hatte oder vortragen konnte, die für diesen Politikverzicht sprechen könnte. Wie dieser versäumte Vergleich ausgegangen wäre, können wir nicht wissen. Wir wissen bislang nicht einmal, welche Politiker sich ihres Verzichts auf diesen Vergleich überhaupt bewusst sind.
Die derzeit in Deutschland verfolgte, vom schweizer Wissenschaftler auf unserem Forum kritisierte Atommüllpolitik wird durch das Gesetz strukturiert, mit dem der Deutsche Bundestag nach Vorarbeiten einer Kommission ohne große Aussprachen 2017 mit großer Mehrheit die von der Kommission entwickelte Konzeption übernommen hat. Mit ihr wird für den StandAG-Prozess ein in dieser Dimension bislang nie erlebtes Zustimmungsmanagement in Formen vermeintlicher Bürgerbeteiligung angestrebt. Das ist die Alternative zu dem, was uns Buser aufgezeigt und empfohlen hat.
Wer dieses Zustimmungsmanagement verstehen will, lese zum bestmöglichen Einstieg einen Text, den der Berliner Politikwissenschaftler Achim Brunnengräber vorgelegt hat.[5] Dieser Text ist ein unübertreffbares Meisterwerk. Unbelastet von allen Argumenten, die Buser (und andere) in diesen Jahren vorgetragen haben, wird hier berichtet, wie die Betreiber der StandAG-Politik sich souverän durchsetzen. Der fulminante Text zeigt uns die Erfolgsgeschichte des StandAG bis zum Jahre 2080 auf. Die Suche nach einem Endlagerstandort konnte nur mit neuen Formen der Bürger*innenbeteiligung und dem Wandel des „starken Atomstaats“ zum „weichen Endlagerstaat“ gelingen. heißt es im Abstract zu dem höchst lesenswerten Artikel. “Neue Formen der Bürger*innenbeteiligung“, das ist in der Schönsprache der Begriff für den Raum und die Form, in der sich das Zustimmungsmanagement entfaltet.
Besser als in diesem Meisterwerk kann man StandAG-Politikerinnen nicht zum Weiter-so ermutigen und von der Leitfrage abhalten, der wir auf dieser Veranstaltung gefolgt sind. So ist Brunnengräbers Text ja auch gemeint. Man wird dem Autor nicht unterstellen dürfen, einen Beitrag geleistet haben zu wollen, um politische Akteure in einer falschen Selbstsicherheit einzulullen. Nein, hier wird die zukünftige Erfolgsgeschichte des StandAG beschrieben.[6] Grundlegend für die Erfolgsgeschichte ist: Bürgerinnen und Bürger sollen über ihre großen Beteiligungsmöglichkeiten wissen, sollen auch wissen, dass ihre Einwände sehr nützlich sind, hier und da auch Folgen haben können, dies freilich immer nur, solange das auch zeitlich vorgegebene übergeordnete Ziel der Errichtung eines tiefengeologischen Endlagers nicht infrage gestellt wird.
Die vorgestellte Einsicht in Weinbergs wichtige Unterscheidung und noch mehr das Aufgabenbewusstsein für eine gebotene Entwicklung der Prozesse des gesellschaftlichen Umgangs mit transwissenschaftlichen Fragen in einer Demokratie fehlt bei denjenigen, die nukleare Entsorgungspolitik ohne politische Willensbildung als einen angeblich wissenschaftsbasierten Prozess glauben vermitteln zu können, indem so getan wird, als gäbe es hier keine transwissenschaftlichen Fragen, als könne man sie und einen Bedarf für politische Urteilskraft und Willensbildung schlicht und erfolgreich leugnen und durch Zustimmungsmanagement ersetzen. Das ist in sich widersprüchlich und zeigt nur, dass man die transwissenschaftlichen Fragen nicht wahrnehmen kann, nicht versteht. Und jeder gegen besseres Wissen so angelegte Versuch ist ein gefährliches Spiel, weil er in Kauf nimmt, aus Arbeiten und Argumentationen wie die des Wissenschaftlers Marcos Buser nicht lernen zu können.
Klug ist das nicht, aber vielleicht erscheint es manchen clever und vielleicht trägt es auch für ein paar Jahre oder länger. So wie früher bei anderen, mit großen parlamentarischen Mehrheiten auf den Weg gebrachten Konzepten und Projekten (vom Atomgesetz 1959 über Projekte zur Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente (WAA) oder zur Brutreaktortechnologie (SNR 300) u.a. bis hin zum vermeintlich wissenschaftlich positiv begutachteten Endlagerprojekt Asse. Je später solche Konzepte oder Projekte scheitern, desto teurer wird es. Und desto mehr wächst die Erfahrung verfehlter demokratischer Politikfähigkeit. Wer möchte sagen, dass das erstrebenswert wäre?
[1] Weinberg, Alvin M. (1972). \"Science and Trans-Science\". Minerva. 10 (2): 209–222.
In diesem viel zitierten Artikel schlug der amerikanische Physiker vor, Fragen which can be asked of science and yet which cannot be answered by science “trans-scientific” zu nennen. Dem folge ich. Ich folge auch der wichtigen Schlussfolgerung, dass die Rolle des Wissenschaftlers in Argumentationen zu politischen Themen und Konzepten, die solche transwissenschaftlichen Fragen aufwerfen, eine andere sei, als wenn es um Fragen ginge, die nur durch Wissenschaftler beantwortet werden können. Eine andere, ja, aber welche? Das bedarf über Weinbergs hilfreiche Einsichten hinaus einer Präzisierung im Aufgabenbewusstsein einer großen kulturellen Entwicklungsaufgabe im Verhältnis wissenschaftlicher und politischer Akteure, insbesondere im Hinblick auf ihre nicht beliebigen kooperativen Leistungsziele.
[2] Radkau, J.: Aufstieg und Krise der deutschen Atomwirtschaft 1945 – 1975. Verdrängte Alternativen in der Kerntechnik und der Ursprung der nuklearen Kontroverse, 1983, S. 14
[3] In der Enquete-kommission des Deutschen Bundestages Zukünftige Kernenergie-Politik, für deren Einsetzung im Parlament zwei Jahre lang gearbeitet werden musste.
[4] Ausführlicher dazu Reinhard Ueberhorst, Demokratische Atommüllpolitik, was wäre das? In: Georg Plate (Hrsg.): Forschung für die Wirtschaft 2014. Cuvillier, Göttingen, S. 209–252
[5] DIE STECKNADEL AUF DER ATOMLANDKARTE. Wie wir in Deutschland zu einem Endlager für hochradioaktive Abfälle kamen APuZ 21–23/2021, S. 24-31, https://www.bpb.de/apuz/333366/die-stecknadel-auf-der-atomlandkarte-wie-wir-in-deutschland-zu-einem-endlager-fuer-hochradioaktive-abfaelle-kamen
[6] Zitiert sei der Anfang des Textes von Brunnengräber, dessen Lektüre hoffentlich viele bewegen wird, den ganzen Text zu lesen (so sie ihn noch nicht kennen): „Wir schreiben das Jahr 2080 in Deutschland. Das Endlager, in dem der hochradioaktive Abfall aus 1900 Zwischenlagerbehältern in einer tiefengeologischen Gebirgsformation lagert, wurde verschlossen. Es konnte 2050 fertig gestellt werden, nachdem 2031 – am Ende eines umfangreichen Auswahlverfahrens – der Standort festgelegt worden war. In den darauffolgenden drei Jahrzehnten wurden rund 27 000 Kubikmeter hochradioaktive Abfälle, die durch den Betrieb von Atomkraftwerken (AKW) zwischen 1961 und 2022 in Deutschland angefallen waren, in das Lager verbracht. 01 Geologische wie technische Barrieren sorgen nun dafür, dass der hochradioaktive Abfall aus den deutschen AKW für eine Million Jahre so sicher wie nur möglich von Menschen und der Umwelt abgeschottet wird. Das oberirdische Eingangslager wird zur grünen Wiese zurückgebaut.\" 01 Zu den geplanten Phasen siehe www.nationales-begleitgremium.de/DE/Endlagersuche/VerfahrenImUeberblick/verfahrenimueberblick_node.html."